Sommerstube im Hinterhaus

In der früheren Scheune, hoch über der Stadtmauer befindet sich die so genannte "Sommerstube". Dieser im Jahr 1545 entstandene, nach Süden ausgerichtete Raum verdankt seine Bezeichnung der Tatsache, dass er nur während der Sommermonate genutzt wurde. Er war nicht heizbar und liegt weit entfernt vom geschäftigen Alltag der Stadt mit ihrer Hektik, ihrem Lärm und Gestank. Die Sommerstube bot Ruhe, frische Luft und einen weiten Blick ins Land - ein Raum der Muße und Erholung.

Seine Bedeutung erlangt der Raum durch die aufwändige Innenausmalung, die nach 1575 wohl in zwei Phasen entstanden ist. Während die Deckenfüllungen sehr fein ausgeführte florale Motive (Gabelblattranken) noch in ganz spätmittelalterlicher Manier zeigen, sind die Wände in einer dreizonigen Scheinarchitektur in Grisaille-Malerei gehalten, die eine Steinarchitektur vortäuschen soll. Die noch erhaltenen Bogenfelder der Mittelzone zeigen Szenen aus dem alten Testament und Bekenntnisbilder der protestantischen Konfession, deren entschiedener Exponent Sebastian Hornmold war. Korrespondierend zu diesen Orthodoxiebildern sind die beiden satirischen Vexierbilder in den Deckenfeldern zu sehen: eine Verspottung der altgläubigen, katholischen Konfession.

Süd- und Ostwand sind nicht mehr im Original erhalten. Da die Wände, anders als im übrigen Haus, immer unverputzt geblieben waren, haben die kostbaren Malereien stark gelitten.

Wandmalereien in der Sommerstube

Vexierbilder an der Decke der Sommerstube

Eine Attraktion der Sommerstube sind die zwei gemalten Medaillons an der Zimmerdecke. Es handelt sich im Gegensatz zu den übrigen religiösen Motiven um satirische Darstellungen auf die katholische Kirche. Diese so genannten Vexierbilder zeigen je nach Blickwinkel des Betrachters mit Kardinal und Papst entweder kirchliche Würdenträger oder ihre Verzerrungen als Narr mit Schellenkappe oder Teufelsfratze.

Die lateinische Inschrift bei der Darstellung des Kardinals des Narren lautet "Ihr Toren, wann wollt ihr endlich klug werden", die bei der Darstellung des Papstes des Teufels "Der böse Rabe legt ein böses Ei".

Vexierbilder mit kritischem, oftmals satirischem Gehalt sind typische Kunstformen der Renaissance. Ähnliche Motive mit zum Teil identischen Inschriften sind uns auf zeitgenössischen Münzen und Medaillen erhalten. Eine davon hat wohl als Vorlage für die Darstellungen in der Sommerstube gedient.

Sebastian Hornmold, Vogt und erster Kirchenratsdirektor in Württemberg, hat hier seinen politischen Ansichten deutlichen Ausdruck verliehen.

Gerne können Sie die Sommerstube sowie vergangene Sonderausstellungen jederzeit virtuell besichtigen:

Weiterführende Informationen bietet die 2022 erschiene Publikation von Günther Bentele über das Hornmoldhaus.

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